Sonntag, 14. August 2022

Gravel Cracker - King Stage

In den Medien derzeit sehr aktuell, möchte man Sachsen zur Fahrradhochburg entwickeln. Eine Vielzahl von organisierten Radtouren / Rundstrecken gibt es bereits, welche auf eigene Faust, fast jederzeit, gefahren werden können. Natürlich lassen wir es uns nicht nehmen entsprechende Kurse unter die Stollenreifen zu nehmen... nachdem wir bereits mehrfach in vorangegangenen Jahren Stoneman Miriquidi, Blockline und Bikeman Trail absolviert hatten und nun eine neue "Gravelstrecke" ab Seiffen entstanden ist, entschieden wir uns Freitag nach getaner Arbeit kurzfristig zu einer Anmeldung beim - Gravel Cracker -.
Die Eckdaten der Strecke sahen vielversprechend aus, 140km gespickt mit 3000hm entlang des Erzgebirgskamms.
 
Die Anmeldung erfolgte unkompliziert über bear-service.de, die Startunterlagen konnten im Buntenhaus Seiffen abgeholt werden und der GPS Track stand zum Download auf gravelcracker.de bereit. Da Rudi und ich bekanntlich Frühaufsteher sind, war der Start in Seiffen auf 7 Uhr festgelegt. Aber alles kam diesmal anders... beim umladen der Räder vor Eric's Garage stellte ich fest, dass der Leistungsmesserbatteriedeckel an meinem Cyclocross Rad fehlte - sofort war klar - ohne Powermeter fahre ich nicht. Schnell setzte ich mich nochmals in mein Auto und fuhr heim, um eben diesem Batteriedeckel zu holen. Währenddessen spielte Eric Fahrradtetris, beim verstauen unserer Bikes. Ich fuhr mit meinem CX Bike und Eric auf seinem Hardtail MTB, wollte ich doch mal diese Gravelstrecke mit entsprechendem Material bewältigen, um mit reden zu können.

Ziemlich genau 7:20 Uhr schlugen wir dann am Bunten Haus in Seiffen auf, um unsere Startunterlagen zu holen, eigentlich gibt es diese erst ab 8 Uhr, doch Rudi ließ am Vortag seinen Charme spielen und überzeugte, eine Servicekraft sollte eingewiesen werden, uns die Startbeutel zu überreichen. Dies war aber nicht nötig, die Chefin selbst war schon vor Ort.

Das Auto parkten wir auf altbewährtem Schotterplatz gleich neben dem Start/Zielbogen des EBM Individual. Mit geübten Handgriffen bauten wir unsere Räder zusammen und machten uns Abfahrt bereit, Eric's hochmoderne elektronische Schaltung quittierte allerdings ihren Dienst. Die Batterie im Schalthebel war müde, nach schnellem Aus- und Einbau bewegte sich das Schaltwerk wieder - attestierte der gekoppelte Garmin Computer allerdings "low Batterie". Genau die richtigen Bedingungen für eine 6h Tour - nicht! Durch Zufall hatte ich noch eine gebrauchte 2032 Knopfzelle aus meinem Powermeter im Trikot stecken und nahmen diese als Redundanz mit. Die leere Batterie setzte den sonst so routinierten Rudi derart zu, das wir gefühlt 10 mal zurück ins Auto mussten, um irgendwas vergessenes zu holen - das kann heut ja heiter werden!

Die Strecke begann am großen Parkplatz in Seiffen, wir fuhren Richtung Seiffner Bergkirche Stadtauswärts als das passiert, was passieren musste... Eric's Schaltwerk quittierte gänzlich seinen Dienst! Wir rollten noch bis zur nächsten Bank und wechselten nun die Batterie im Shifter, in der Hoffnung das eben diese uns bis ins Ziel bringt. Wir setzten die Runde fort und schnell wurde klar - heut wird es "hart" für mich - mein CX Rad lässt ungefiltert sämtliche Bodenunebenheiten zu mir durchdringen, für mich als Fullylover eine ungewöhnliche Situation. In den ersten Schotterabfahrten muss ich langsam den Grenzbereich ausloten, bietet diese Fahrradgattung doch wesentlich weniger Grip, als unser bewährtes System aus MTB und Tubless Reifen.

In Deutschkatharinenberg ging die Strecke bereits über die Grenze nach CZ, der routinierte Blick zur Tankstellenpreisanzeige attestierte hier etwa 10 Cent weniger, als auf Deutscher Seite. Die Straßen war noch leer und gefühlt schliefen alle noch, wie ausgestorben die idyllischen Ortschaften. Wir lieben es früh Rad zu fahren - leichter Tau bedeckt noch alles ruhende, der Fahrtwind weht um die Nase und man kann förmlich dabei sein, wie der Tag erwacht - traumhaft! Die Strecke führt uns nun im typisch erzgebirgischen Zickzack Höhenprofil tendenziell ansteigend über Feld-, Wald-, Wiesenwege und sehr wenig befahren Nebenstraßen. Wir fuhren durch verschlafene böhmische Orte, wo ich mir schwer tat deren Namen zu lesen, geschweige denn aussprechen zu können.

Auf dem Weg Richtung Fichtelberg, dies war der Wendepunkt der Route, führte die Strecke größtenteils auf böhmischer Seite parallel zur Grenze. Wir passierten Kalek, die Staumauer der Talsperre Preßnitz, um schließlich zwischen Niederschlag und Oberwiesenthal wieder auf deutsche Seite zu wechseln. Um sich nochmal für den 400hm umfassenden, bevorstehenden Anstieg zum Gipfel des Fichtelberg zu stärken, für die Route an der urigen Gaststätte und Bar "Prijut 12" vorbei. Hier wartet für die Bewältiger der langen Version des Graval Cracker eine Mütze und ein Freigetränk. Gegen 10:20 Uhr standen wir dort, mit dem ernüchternden Aushang "öffnet 11 Uhr" haben wir nicht gerechnet, wir hörten im Hinterhof etwas klappern und fragten uns schließlich durch. Sofort wurden wir herzlichst empfangen und uns eine energetisch wertvolle Cola serviert, ebenfalls erhielten wir unsere Mütze - und das alles weit vor der eigentlichen Öffnungszeit! Vielen Dank dafür!

Nach ein paar netten und interessierten Worten mit dem Chef des Hauses setzten wir unsere Fahrt Richtung Fichtelberg Gipfel fort. Eric wie eh und je souverän mit seinen MTB, tat ich mir etwas schwerer mit meinem Cyclocross Rad und einer kleinst möglichen Untersetzung von 34-30... erfordert mein Setup auf dieser Strecke ein gewisses Maß an Nehmerqualitäten und Durchhaltevermögen. Auf dem Gipfel sahen wir dann bei guter Weitsicht eine heranziehende Regenwand, gut für die Natur, unglücklich für uns. Die schnelle Abfahrt Richtung Neudorf ließ ich ruhig angehen, da kann Rudi mit seinem MTB wesentlich mehr laufen lassen.

Der Rückweg erfolgte zum großen Teil auf Deutscher Seite, wiederum parallel zur Grenze. Vorbei an Talsperre Cranzahl, Jöhstadt, durch das malerische Schwarzwassertal entlang der Preßnitztalbahn bis Steinbach und hoch zur Hirtsteinbaude. Oben angekommen tropfte es von uns ab, ein leichter, dringend benötigter Sommerregen legte sich über uns. Es ging weiter über Reitzenhain, Kühnhaide und traumhaft schlängelnden Wiesenwegen, über das Natzschungtal Richtung Olbernhau, um schließlich Richtung Ziel Seiffen zu pedalieren. Wir fuhren in den Wald und plötzlich standen wir auf der EBM Strecke! Die Bilder vom vorangegangenen Renn-Wochenende liefen vor unseren Augen ab und wir philosophierten nochmalig über den Rennverlauf... ein dickes grinsen machte sich in unseren zufriedenen Gesichtern breit und wir genossen jeden Meter EBM Strecke!

Der Schlussanstieg zum Parkplatz in Seiffen stand an und wir witzelten im Seiffner Grund noch über die Auffahrt zum Alp de Wettin, war es dann tatsächlich so und die Route führte diesen finalen Brecher hoch. Nochmal Zähne zusammen beißen und dieses Biest von Berg durch Kneten! Die restlichen Meter zum Parkplatz rollten wir dann und beendeten diese Runde nach 5:40h Fahrtzeit.

Freundlicherweise stellt das Berghotel Wettiner Höhe die Möglichkeit einer Radwäsche zur Verfügung und so können wir unsere Räder grob gesäubert im Auto verstauen.

Unser Resümee - der Gravel Cracker ist eine traumhaft schöne Rundtour über den Erzgebirgskamm auf Tschechicher und Deutscher Seite, mit sorgfältig ausgewählten Wegen und wunderschönen Aussichten spiegelt diese Tour perfekt den Charakter unserer Montanregion Erzgebirge wieder! Ein weiterer richtiger Schritt zur Entwicklung des Fahrradlandes-Sachsen!

Wer sich nicht dran stößt, längere asphaltierte Streckenabschnitte mit breiten Stollenreifen zu befahren, kann nach belieben auch wunderbar mit dem MTB fahren. Einzig ein Rad Computer mit Navigation sollte man haben, dieser ist notwendig die nicht ausgeschilderte Strecke zu finden.