Sonntag, 4. September 2022

Kronplatz King 2022

Der Kronplatz King MTB Marathon in St. Vigil / Südtirol befindet sich auf meiner jährlichen Rennliste, seit dieses Rennen Teil der "Marathon Man Europe" Rennserie ist. 2018 stand ich hier, erstmalig an der Startlinie und fröne seither jeder Veranstaltung. Zum einen verbinden wir dies meist mit unserem Jahresurlaub im Süden, zum anderen ist es der Marathon mit den schönsten Downhills.
 
Mein Wecker klingelte bereits um 4.30 Uhr, Frühstück war angesagt. Da ich schon immer Probleme habe mit fester Nahrungszufuhr bei darauffolgenden sportlichen Aktivitäten, muss ich optimaler Weise mein Frühstück etwa 3h vor Rennbeginn einwerfen. Das bedeutete, halb 5 auf der Bettkante 3 trockene Brötchen rein spulen und anschließend noch 1,5h Augenpflege betreiben. Das eigentliche Frühstück in unserer Unterkunft blieb dann für mich demnach auf der Strecke, lediglich eine Tasse frischen Kaffee gönnte ich mir. Im Grunde nicht schlimm, dass Essen hole ich morgen früh nach... dann gehe ich mehrmals zum Buffet :-).

Bei diesem Rennen gibt es mehrere Kategorien, ich starte bei den Hobby Piloten - dort zähle ich mich persönlich auch dazu, demgemäß muss ich mich im letzten Startblock einfinden. Aus Erfahrung ist das aber nicht schlimm, kurz nach dem Start geht es direkt gut 650hm auf breiten Forstwegen Uphill, dort sortiert sich das Feld recht zügig. In den Lizenz-Startblöcken vor mir steht nahezu alles was Rang und Namen hat, ein derart hochkarätiges Starterfeld kenne ich sonst höchstens vom Riva Bike Marathon. Wundern tut dies aber nicht, werden hier beim Kronplatz King recht sportliche Siegprämien ausgelobt.

Der Startschuss für die Langstrecke fiel pünktlich 8 Uhr im Herzen von St.Vigil und so setzten sich die etwa 230 Teilnehmer in Bewegung, meiner Startposition geschuldet entsprechend gemütlich für mich. Nach etwa 2km Flachstrecke, fuhren wir in anfangs erwähnten ersten Anstieg. Ich begann recht verhalten, da die letzten Tage hier in St.Vigil mein Puls bei Belastung ungewöhnlich hoch war, ob es an der Höhe ü.N. lag oder am fehlenden Stress..., kann ich nicht sagen. Um mich nicht zusätzlich zu verunsichern ließ ich meinen Garmin nur Watt und Rundenzeit anzeigen, zusätzlich hörte ich auf mein Körpergefühl. Es funktionierte, konstant konnte ich Tempo machen und Fahrer um Fahrer überholen. Die erste kurze, aber schnelle Abfahrt folgte, ich war allein auf weiter Flur und ließ gut laufen. Es folgte ein kurzer, aber um so steilerer Gegenanstieg, durchkneten war angesagt, immer mehr Fahrer mit Rückennummern konnte ich überholen, diese deuteten auf Lizenzfahrer hin. Im leichten Sägezahnprofil ging es schnell weiter bis zum Col d'Ancona, um ab dort in den Piz de Plaies Downhill abzubiegen.

Der Traum eines wohl jeden Mountainbikers, auf 4km Länge werden 500hm in feinstem Kurven-Anlieger-Sprung-Massaker vernichtet - ich hatte freie Fahrt und jede Menge Spaß! Im Tal angekommen fuhr ich auf eine 6 Mann starke Gruppe auf, perfekt für die bevorstehenden flachen 20km dachte ich... es glich eher einem Bummelzug, nach vorn gab es kein entrinnen, also abwarten und Kräfte sparen für die bevorstehenden Höhenmeter. Bei etwa der Hälfte des Flachstücks stießen von hinten die 3 führenden Kurzstreckler dazu, ich war guter Dinge den Zug zu wechseln und setzte im richtigen Moment an, um dran zu bleiben. Eine kleine Lücke nach hinten ging auf und so war ich mit den 3 Kurzstrecklern alleine, da sich die 3 Herren aber uneinig waren, was die Führungsarbeit betrifft und das übliche in den Taschengesuche und Geplänkel los ging, wurden wir sehr schnell von hinten gestellt. Wieder rollte ich in großer Gruppe Richtung St.Vigil, um dort den ersten, etwa 1200hm umfassenden, Uphill zum Kronplatz abzuarbeiten.

Nach etwa 400hm climbig, folgte ein kurzer Downhill Richtung Talstation der Bergbahn Col Toron, mir war dieser noch aus dem Vorjahr bekannt, hatte dort Rudi sowie ich - unabhängig voneinander - relativ knapp "die Kurve" bekommen. Im Nachhinein diskutierten wir damals schon diese Passage, dieses Jahr wusste ich um besagte Stelle, geriet aus irgendwelchen Gründen aber genau wieder so knapp am Abflug vorbei... ich kann mir gut vorstellen, dass etliche Fahrer dort einen Abstecher in den Wald gemacht haben.

Ab Furkelpass merkte ich dann erste körperliche Verschleißanzeichen, anfänglich diente der Wattmesser noch als "Begrenzer" ab dort mehr als "Ziel-Zahl-Motivation". Meine Susi wartete gleich nach dem Pass mit einer neuen Trinkflasche auf mich, im vorbei fahren sagte sie was von "Platz 4 und alles sehr nah zusammen". Mäßig aber Gleichmäßig kurbelte ich gen Gipfel, von Renntempo kann man nicht mehr sprechen, aber ich kann weiterhin solide ein- und überholen. Bei allen Fahrern scheinen langsam die Lichter auszugehen, werde ich selbst nicht überholt. Außer von der Rennspitze, den Profis, erst kommt das Team Soudal geschlossen vorbei und gleich danach der amtierende Europameister mit Anhang... ein wahnsinniges Tempo legen die Jungs hin - da weiß man wieder welch kleines Licht man ist.

Am steilsten Stück kurz vorm Kulminationspunkt Kronplatz konnte ich noch wissentlich einen Hobby-Fahrer überholen und so mit freier Fahrt in den Furcia Trail, wiederholt Richtung Furkelpass, einstechen. Wieder 4km Abfahrt verteilt auf 120 Kurven mit 600 Tiefenmeter... Tränen der Freude kullern am Ende des Trails, wiederholt hatte ich freie Fahrt!

Nun hieß es ein letztes Mal den Kronplatz erklimmen, nochmal etwa 400hm. Mit weniger willigen Beinen trete ich das was noch geht... und kann zu meiner Überraschung auch hier überholen, am steilsten Abschnitt der Rampe standen und !lagen! zum Teil Fahrer mit Krämpfen und Schmerzverzehrten Gesichtern!
Die Strecke hat es in sich, ohne Frage!
Im sehr gut besuchten Zielbereich, auf dem Gipfelplateau des Kronplatzes, empfing mich meine Susi und überbrachte mir die freudige Nachricht des 2. Platzes bei den Hobby Fahrern.

Wieder ein sehr zufriedenstellendes Ergebnis und zugleich ein toller Marathon Saisonabschluss 2022 für mich! Nun gebe ich den "Staffelstab" an Eric weiter, er startet nächsten Sonntag in Geyer - ich drücke jetzt schon die Daumen!