Die Königsetappe stand an, wurde die Strecke dem Namen gerecht? Die gleiche Etappe wurde letztes Jahr aufgrund von Unwetter abgesagt, heute strahlten wir mit der Sonne um die Wette und so stand diesen königlichen 96 km gespickt mit 3300 hm nichts im Wege!
Das Frühstück lief wie gewohnt, nur der Kaffee war zum abgewöhnen und das in Italien, fängt der Tag ja super an. Im Startblock wartete heute leider der 2. Block auf uns, sehen wir das mittlerweile aber entspannter. Aufgrund der Streckenlänge und Topographie wurde der Startschuss bereits 8 Uhr absolviert, beim vorab Rider Briefing wurde dann bereits angekündigt, dass es sich um die fahrtechnisch anspruchsvollste Etappe dreht. Nunja, erstmal losfahren und weiter sehen, dachten wir, noch im ersten Anstieg - welcher hier satte 28 km und 1400 hm umfasste - sprach ich mit Eric ab, dass wir diese 3 km Enduro Passage auf keinen Fall Angriff machen! Sicherheit für Mensch und Material geht vor, wir waren sofort einig!!
Der erste Anstieg lief dann erstaunlich gut, klar steckten heut früh bereits 4 Tage Rennbetrieb in den Gräten, ich würde aber sagen aufgrund von jahrelangem Training und einem dem Etappenrennen angepassten Fahrstil, passt das alles ganz gut. Noch dazu können wir uns hier, ganz allein auf diese Zeit am Rad konzentrieren, keine Arbeit, kein Rasen der gemäht werden muss, kein Stress - ich würde sagen "wir leben grad unseren Traum" und sind sehr dankbar dafür!!! Der weit bekannte Gavia Pass war erreicht, knapp über 2600m.ü.N, ich bin der Meinung so hoch war ich noch nie mit dem Rad! Unmittelbar vor dem Gipfel dann die erste Verpflegungsstation, Tante Heidi begrüßen, Flaschen füllen, Stückchen Kuchen in den Mund und Abfahrt! Unglücklich war hier das ich bereits in der Auffahrt spürte, mein Hinterbaudämpfer blockierte wieder, bergauf kein Problem, für jeden Meter Trail ein Alptraum! Eine Wahl hatte ich eh nicht, ich bin einfach weiter gefahren. Der Ausblick und die Weitsicht heute ein Träumchen, alles hat gepasst - die Videoaufnahmen während der Fahrt werden sicher extrem gelungen sein. Der Kulminationspunkt bedeutete aber auch nun steht die angekündigte Enduro Sektion an, die ersten Höhenmeter nach schnell auf Asphalt, Bogen wir dann in diesen sagenumwobenen Gavia Trail ein. Keine 10m Trail, flog der erste Fahrer vor mir über den Lenker, eine einzige Katastrophe! Mir war sofort klar, dass werden harte 3 km, in Worte kann man diesen Downhill eigentlich gar nicht fassen - unfahrbar trifft es wohl noch am besten. Immer wieder vereinzelte Fahrer die versuchen zu fahren, immer das gleiche Bild, der Abstieg über den Lenker. Das Phänomen, viele stürzen auf die wildeste Art und Weise, steigen auf und versuchen kläglich ihr Glück aufs neue. Eigentlich müsste man doch meinen "lernen durch Schmerz"?! Ein Glück, dass wir keine Knochenbrüche oder ähnliches sehen müssen, die wenigen Meter, welche ich dort auf dem Rad saß, fuhr ich eine Steinstufe und habe es erstmals geschafft, mit dem Kettenblatt aufzusetzen. Ein Glück - kein Sturz und kein Schaden! Den Rest bewältige ich zu Fuß, es lag alles auf der Strecke, Schuhsohlen, welche in diesem Geröll einfach abfielen, Trinkflaschen, Räder und Fahrer. Eric war schnell außer Sichtweite, er ist mit dem Rad in der Hand wie ein Wiesel! Da sehe ich keinen Stich gegen ihn, seinen Angaben zufolge startete auch er einen Fahrversuch, Rolle vorwärts in eine Alpenwiese bremste ihn dann schnell - nichts passiert, Abrollen kann er, ein Glück!
Einen in dieser Abfahrt stehenden Streckenposten fragte ich, ob die Profis hier gefahren sind und er verneinte!!! Das sagt wohl alles, ich würde diesen Trail nicht mal mit meinem Enduro fahren, da liegt mir meine Gesundheit zu sehr am Herzen.
Im Tal überlebt angekommen, war Eric außer Sichtweite nach vorn verschwunden, kein großes Problem, der nächste längere Uphill klärte, wieder 800 hm Uphill. Ich musste schon etwas tiefer gehen, um Eric wieder zu erreichen, fühle ich mich nicht wohl, ohne ihn wenigstens in Sichtweite zu haben - Teamgeist und so! Der Anstieg zog sich und die Sonne ballerte in den Hang, laut Garmin 30 Grad, da hätte ich wohl auch ohne Unterhemd starten können. Bei der Aufholjagd auf Eric vergaß ich etwas die eigene Verpflegung und büßte dafür am Ende des Anstieges, leichter Kreuzblick waren keine guten Voraussetzungen.
Im darauf folgenden Downhill, welcher traumhaft gelegen war, hatte ich dann starke Probleme ohne funktionierenden Dämpfer eine saubere Linie zu treffen, das ganze Fahrrad funktionierte nicht mehr wie gewohnt und ich musste deutlich Tempo rausnehmen. Leider war der Trail mega rau, aber mega geil, sicher hörte man weit meine Schimpfungen bis ins Tal. Richtung Ziel ging es nun tendenziell nur noch bergab, klar immer wieder kürzere Gegenanstiege, aber nichts Bedeutendes. Die zweite Verpflegungsstation folgte und war auch bitter nötig, alle unsere Trinkflaschen komplett leer. Wir füllten unsere Flaschen mit den zur Verfügung stehenden Gießkannen - gelbe Kanne für Iso - blaue Kanne für Wasser, tranken noch eine Becher Iso, pumpten Erics Vorderrad nach, weil dieses wiederholt Luft verlor und Abfahrt. Der Weg Richtung Ziel war dann abwechselnd über Radwege am Fluss mit immer wiederkehrenden kleinen Traileinlagen. Kurz vorm Ziel verpeilte ich dann noch eine Schotterkreuzung und setzte den Kahn erstmalig in den Dreck, welch Glück - fast ohne Blessuren. Unmittelbar vor dem Zieleinlauf dann noch eine Bachüberfahrt mittels Brücke - ich sag mal so - wären unsere Lenker ungekürzt, würden wir dort jetzt noch feststecken!
Im Ziel dann das übliche Prozedere aus Bier und allem festen Essbaren, was irgendwo in Reichweite liegt. Der Gang zur Mechaniker Crew war obligatorisch, das gesamte Team vom Maxxis Stand wurde mit Eis bestochen, damit sie nochmals meinen Lookout entlüften, um morgen hoffentlich auf weichem Stuhl unterwegs sein zu können... Eric ließ nochmals sein Vorderrad kontrollieren und neue Dichtmilch auffüllen, um hoffentlich morgen ohne Plattfuß durch zu kommen!