Unsere Unterkunft hier im Malè etwas einfacher, aber zweckmäßig ausreichend, mit etwas Scharm gelang es uns bereits gestern der Chefin vom Hause, unsere getragenen Lycra Strampler für einen Schnellwaschgang zu überlassen. Das funktionierte soweit super, können wir ab nun auf die selbst Wäsche verzichten!
Das Frühstück verlief dann wiederum semi gut, war das Angebot an gereichten Köstlichkeiten völlig ausreichend, schlug der Kaffee wiederum den Boden aus - lösliche Brühe und das in Bella Italia, dort wo die Kaffeekultur eigentlich zelebriert wird. Pünktlich 8 Uhr starteten wir mit unseren Rädern etwa 3 km Richtung Start, das übliche Prozedere aus Toilettengang, Luftdruck prüfen und Tagbeutel abgeben - die Handgriffe sitzen! Ab in den Startblock, da wir im Ranking der Herren Amateur auf Platz 4 halten, müssen wir uns erneut im zweiten Block einfinden.
Der Startschuss fiel wieder Punkt 9 Uhr für die 69 km und 2500 hm umfassenden Strecke, wir waren relativ weit hinten, etwa um Platz 100 Rollen wieder 10 Minuten neutralisiert bergab. Die Rennfreigabe erfolgte an einem Schotteranstieg, ich kam gut weg und die Beinchen machten einen ganz soliden Eindruck, Eric hinter mir, ich fuhr bis sich das Feld streckte und dreht mich nach ihm um. Kein Eric in Sichtweite, der erste Anstieg etwa 15 km und 1000 hm war noch lang, so hielt ich an und wartete auf ihn. Er sagte was von starken Kopfschmerzen und keiner Power - schlecht! Wir entschlossen uns im Notlaufprogramm Richtung Kulminationspunkt zu kurbeln und abzuwarten was passiert. Ich unterstützte Eric so gut es ging, in Form von leichtem schieben und Windschatten dort wo die Gegebenheiten es zuließen. Aber es überholte uns Team um Team, der Vorteil - man sieht mal neue Gesichter, bewegt man sich sonst immer etwa im gleichen Fahrerfeld.
Der darauffolgende Downhill Richtung Valle di Sole war ebenfalls eine Qual für Eric, das schütteln und die Schläge am Lenker zermürbten ihn sichtlich. Im Tal angekommen folgte die erste Verpflegungsstation, die Freunde aus Thüringen begrüßten uns, im Plausch mit Tante Heidi ergab sich die Möglichkeit einer Ibo800, unser Glück! Eric inhalierte eine halbe Tablette und wir hofften auf Linderung. Trotzdem noch angeschlagen, setzten wir die Fahrt fort, das folgende 400 hm umfassenden Uphill Schotterweg Stück war prädestiniert zum Schieben, unser Glück! Da Eric unsere altbewährte Ochsenkarrentechnik aus Kraftgründen ablehnte, schob ich ihn weite Stücke leicht von hinten. So gelang es uns tatsächlich, erste Teams wieder zu kassieren. Der Haken, die letzten 200 hm zum Gipfel Passo Bregn Da L'ors waren als Schiebe- / Tragepassage ausgeschrieben und genau so sollte es kommen! An diesem Punkt musste jeder sein eigenes Tempo gehen, so beschloss ich vorweg zu machen und am Gipfel ein paar Videoaufnahmen aufzunehmen. Kurzfristig änderte ich den Plan und machte Pipipause, als ich fertig war kam schon Eric also im Tiefflug die Schotterabfahrt hinab. Eric blieb dran, ein Zeichen von Linderung! Als wir dann extrem schnell auf brutal steilen Betonrampen bergab schossen, wurde mir bewusst - der Gardasee muss nahe sein - sind diese Abschnitte so typisch für hier! Jedes mal aufs neue fragt man(n) sich wie es funktioniert so eine steile Auffahrt / Abfahrt mit Beton auszubauen, hatten wir als Handwerker ja bereits mehrfach das Vergnügen dieses Medium zu verarbeiten und wissen um dessen Eigenwillen. Noch in der Abfahrt vernahm ich starken Geruch von heißen Bremsen, das Material am Limit. Im Tal angekommen, hatte Eric eine größere Lücke zu mir, er meinte was von Bremsen zu heiß - so musste er in den Gegenanstieg Rollen um seine Geschwindigkeit zu reduzieren. Hier machte sich meine extra für hier montierte 180mm ICE-Tec Scheibe vorn bemerkbar, Druckpunkt und Funktion von feinsten. Apropos Funktion, auch mein Hinterbaudämpfer arbeitete heute nach erneutem Entlüften wieder mit, so fuhr das Rad wieder wie gewohnt.
An einem kurzen Zwischenanstieg, halt aufgrund eines Erdrutsch, runter vom Rad, drüber übers Geröll und darüber weiter, hier bekam Eric plötzlich seinen zweiten Frühling und legte los als gäbe es kein Morgen, die Ibo wirkte anscheinend und ab hier wusste ich, wir sind wieder im Business! Straff fräsen wir nun in den relativ kurzen Anstieg, ein feiner schmaler Singletrail mit erstmals reichlich Schlamm brachte uns zügig ins Tal, bereits in den Jahren zuvor sind wir dort hinunter.
Im Tal folgte eine schnelle 15 km Passage mit dem zweiten Verpflegungspunkt, wir füllten erneut die Flaschen, steckten uns Melone in den Mund und gaben ordentlich Feuer Richtung Ziel. Man merkte deutlich das wir nur noch auf etwa 650m.ü.N waren, konnte ich hier im Wind schon deutlich länger das Gas stehen lassen. Wir holten im Zeitfahrmodus Fahrer um Fahrer ein, im Windschatten bildete sich eine richtige Traube. Das unglückliche, ich fuhr aufgrund der Hitze mit weit aufgemachter Trikotage, eine Wespe fand den Weg hinein und verpasste mir einen schmerzhaften Stich, nun wächst mir eine dritte Brustwarze - prima! Der letzte längere 200 hm Anstieg sprengte sofort selbiges fort und so holten wir erneut Fahrer und Teams ein. Der letzte Abschnitt Richtung Ziel war eine Motocross Strecke, tiefe ausgewaschene Rinnen machten diese Passage recht gefährlich, wir hatten Glück und kamen gut durch. So wie es im Ziel rauskam, hat dieser Abschnitt aber einige unsanft absteigen lassen. Die letzten Meter Richtung Ziel kannten wir ebenfalls aus 2022 und so genossen wir den Zieleinlauf!
Welch eine Überraschung, stand plötzlich Langzeitfreundin Susi unterm Zielbogen, eine Freude!
Das übliche Programm aus Radwäsche, Nahrungszufuhr und Basenbad durfte natürlich trotzdem nicht abweichen, so konnten wir gleich unseren Tagesablauf näherbringen. Da unser Hotel reichlich 20 km vom Ziel/Start entfernt ist, mussten wir unsere Räder im Bikepark vor Ort abgeben und über Nacht dort lassen. Alles kein Problem, sind wir diesbezüglich entspannter geworden!
Nun heißt es, ein letztes Mal maximal zu regenerieren, um morgen ein adäquates Finish einzufahren!